Ironman Frankfurt 2007 - Thomas Bartsch
Thomas Bartsch - 50 Jahre - Betriebsleiter - Familie mit 1 Kind
Gesamtzeit: 11:33 h
Schwimmen: 01:22 h - Radfahren: 05:55 h - 04:05 h
Bericht:
Der 3. März 1996 ist an allem schuld! Wer weiss, was geworden wäre, wäre ich an diesem Sonntag einfach länger im Bett geblieben. In der Nacht hatte es gestürmt und ich, der ich zum ersten Mal bei einem Ironman zuschauen wollte, dachte mir, dass bei diesem Wetter sowieso niemanden schwimmen würde können. März und Ironman? Berechtigte Frage in unseren Breitengraden, aber nicht am schönsten Ende der Welt. Ich lebte damals in Auckland/Neuseeland und es fügte sich, dass mein Arbeitgeber Hauptsponsor des Ironman war und ich somit Zugang zu den „besten Plätzen“ hatte.
Pünktlich zum Start erschien ich in der malerischen St Heliers Bay und das Schicksal nahm seinen Lauf. Meine Bewunderung für die Athleten nahm stündlich zu: die Faszination Triathlon hatte mich gepackt. Dass das Rennen von einem gewissen Stefan Holzner gewonnen wurde und bei den Damen eine gewisse Katja Mayer auf einen tollen 4. Platz kam, war für mich als Germane Downunder natürlich besonders schön.
Am Folgetag durfte ich (Sponsor sei Dank) auch bei der Siegerehrung dabeisein. Und dachte mir dabei, dass es doch die deutschen Stars ganz nett finden würden, wenn sie jemand in heimatlichen Idiom begrüßt. War also selbst ganz aufgeregt und musste dann doch feststellen, dass diese Superstars ganz normale, freundliche und zugängliche Menschen sind. Kurz: es entstanden Freundschaften, die über Jahre und große Distanzen gepflegt wurden.
Und ich, der ich jahrelang fast keinen Sport getrieben hatte, begann zu Laufen.....
Lief auch noch ganz leidlich, als ich 1998 zurück nach Deutschland kam und fasste den Entschluss, meinen ersten Marathon anzustreben. Anruf bei Katja, damals gab es die „Online“ Trainerin noch nicht. Na klar würde Katja mir helfen und kurz darauf kam der Plan per Fax.
7 Jahre und 11 Marathons später, ich lebte seit 2000 schon wieder Downunder in Australien, hatte Stefan Holzner 2x den Ironman Frankfurt gewonnen und ich mich entschlossen: jetzt oder nie. Die Trainingsbedingungen in Melbourne waren optimal, die Jahreszeiten genau umgedreht und so konnte ich mich ab Januar mit Katja´s Plan bewaffnet ans Werk machen. Plan? Eher die Stellenbeschrei-bung für einen Halbtagsjob! Wann sollte ich denn das alles machen? Irgendwie ging es doch und die Trainingsfortschritte motivierten ungemein.
Eigentlich müßte ich also jetzt über meinen ersten Ironman schreiben. Tue ich aber nicht, denn inzwischen ist mehr als ein Jahr vergangen. Meine Premiere klappte sensationell gut und mit 11:51 (1:30, 5:55 und 4:15) lief ich in meiner Heimatstadt Frankfurt durch´s Ziel. Platt, glücklich und mit dem klaren Entschluss „so etwas tue ich mir nie wieder an“, meldete ich mich 3 Tage später für 2007 an.
Katja musste also wieder ran. Und damit auch sie etwas mehr Herausforderung zu meistern hatte, wurde ich im März aus meinem geliebten Melbourne nach Berlin versetzt. Nicht schlecht, wenn man die Trainingsschwerpunkt mitten im Training verschieben muß. Ich nutzte die letzten Wochen des australischen Sommers, um ordentlich Kilometer zu machen, denn im kalten Berliner März würde das Rad eher den Keller zieren. Das Trainingsprogramm war optimal auf die Rahmenbedigungen ausgerichtet, Katja hatte Wort gehalten. Ich schwänzte nie und blieb vor allem gesund. Die Trainingsbedingungen in Berlin waren passabel, wenngleich nicht so abwechslungsreich. Ich fand einen Schwimmclub, bei dem ich mich einer Tria-Gruppe anschliessen konnte und war sofort frustriert, denn die Jungs liefen regelrecht auf dem Wasser, während ich mich alle paar Bahnen überrunden lassen musste. Kurzum: meine drittliebste Disziplin entwickelte sich nicht so nach meinen Vorstellungen. Dafür ging das Laufen umso besser, ich lief deutlich schneller als im Vorjahr.
....und blieb vor allem gesund. Genau bis 3 Wochen vor dem Wettkampf, als mich eine üble Bronchitis packte und nicht mehr loslassen wollte. Die Gespräche mit Katja verdichteten sich auf täglich, fast ebenso oft wurden Trainings abgesagt oder umgeplant. Der Tag des jüngsten Gerichts kam unaufhaltsam näher und immer noch war ich die Bronchitis nicht ganz los; erst 3 Tage vorher war es wieder ganz OK. Ich würde starten und einfach schauen, wie es geht. Das Kopfschütteln meines Arztes hatte ich irgendwie nicht mitbekommen.
Unter normalen Bedingungen hatte ich mir ausgerechnet, dass ich in etwa die Schwimmzeit des Vorjahres, eine leichte Steigerung auf dem Rad und eine deutlich schnellere Zeit beim Lauf packen sollte. Sollte.
Ich genoß das ganze Brimborium und den angekündigten Schlagabtausch der Giganten Stadler und Al Sultan. Als es dann endlich soweit war und ich erstmalig im Neo in den Langener Waldsee stieg (letztes Jahr war Neo-Verbot), war mir genauso mulmig wie bei der Premiere. Als leidlicher Schwimmer hatte ich mir vorgenommen, diesesmal keine Panikattacke nach dem Start zu bekommen. Vorgenommen. Nach gut 2 Minuten prustete ich, hyperventilierte und wollte mal wieder aufgeben. War alles schon mal da. Irgendwie kam dann aber doch so etwas wie ein Rhythmus zustande und das Feld zog sich auseinander. Beim ersten Landgang war ich gut 5 Minuten schneller als erwartet: hätte ich nicht gedacht. Als ich nach 1:22 die Rampe hochstolperte und auch noch zügig aus dem Neo kam, hätte ich mir am liebsten selbst auf die Schulter geschlagen.
Der Wechsel war in Ordnung und ich nahm schnell Fahrt auf. Leider tat dies auch mein Magen und begann, sich laut und vernehmlich zu melden. Grummelte und gluckste und anstatt den Druck auf die Pedale auszuüben, presste ich mich mehr in den Sattel. Erst nach gut 70km hatte der Magen und sein Freund Darm ein Einsehen und kapitulierte, endlich konnte ich mich mehr aufs Fahren konzentrieren. Inzwischen hatte ich bereits „The Beast“ und die Superstimmung in „The Hell“ genossen, den fiesen Hühnerberg bezwungen und bei der Abfahrt den Tacho auf 70 Sachen getrieben. Am Heartbreak Hill in Bad Vilbel sah ich dann zum ersten Mal meine Lieben und das sorgte für zusätzlichen Schwung. In die 2. Runde ging ich mit einem 32er Schnitt und meisterte Enkheim und Hochheim ganz ordentlich. Aber irgendwie merkte ich jetzt doch, dass mir ein paar Prozentchen zur otimalen Verfassung fehlten, die Rest-Bronchitis reiste doch noch mit. Der Heartbreak Hill.v2 hätte nicht mehr sein müssen, 1,5km nur im Stehen und kleinsten Gang sagten alles über meine Verfassung. Von nun an ging´s bergab! Allerdings nur auf der Strecke, denn die letzten km nach Frankfurt waren eine echte Erholung. Und jetzt kam ja das Laufen, wo ich es noch einmal wissen wollte.

Legte gleich einem 5:05 Schnitt vor und hielt diesen recht locker bis weit in die 2. Runde. Leider gibt es aber in Frankfurt 4 Runden entlang des Mains. Krämpfe stellten sich ein und auch der Mann mit dem Hammer lauerte mir immer wieder hinter den Mainbrücken auf. Dennoch: aufgeben war keine Option, dann würde es halt nichts mit der insgeheim angestrebten 11:15. Irgendwie ging es dann, von diversen Gehpausen unterbrochen, doch ganz ordentlich weiter und ich wusste, dass ich in jedem Fall meine Vorjahreszeit unterbieten würde. Das Minimalziel war also erfüllt.
Und dann kam sie: die Abzweigung in den Zielbereich, die man nur dann nehmen darf, wenn man stolzer Träger von 4 bunten Armbändern ist. Diese letzten 400 Meter waren es, die ich hunderte Male geträumt hatte und für die alleine sich 8 Monate Training gelohnt hatten. Wieder und wieder würde ich diese Strecke laufen wollen und nicht aufhören wollen, diese unglaubliche Atmosphäre einzusaugen. Die letzten 200 Meter auf dem roten Teppich zwischen Tausenden verrückt gewordener Zuschauer sind nicht zu überbieten, durch nichts und niemanden. Ich begann Hände abzuklatschen, zu lachen und gleichzeitig Tränen zu verdrücken und kurz vor dem Ziel wartete schon meine Tochter, mit der ich gemeinsam über die Linie lief. Ich hatte mir diese letzten Meter ausgemalt, mir oft vorgestellt, wie ich das alles erleben „möchte“ und doch ging alles viel zu schnell vorbei!
Was bleibt? Zum einen die Erkenntnis, dass der Trainingsplan von Katja absolut perfekt gepasst hat. Jedem Interessierten kann ich nur empfehlen, sich voll und gang Katja anzuvertrauen: wer den Plan durchzieht, schafft das große Ziel ganz sicher.
Zum zweiten die Einsicht, dass man einen Ironman nicht „planen“ kann. Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Anstatt zu „planen“ sollte man einfach nur geniessen. Geniessen, zu welcher Leistung man selbst im Stande ist, geniessen, was rundherum vorgeht und den Wettkampf als Belohnung für die harte Trainingsarbeit sehen.
Und dann die vielen „hätte“ und „wäre“. Wäre ich ganz gesund geblieb, hätte ich beim Rad mehr Druck gemacht und wäre ich die 3:45 gelaufen, dann wäre ich vielleicht.........STOP! Ich habe es geschafft und jetzt, im Rückblick, bin ich einfach nur dankbar, dass ich privilegiert bin, mich und meinen Körper zu einer solchen Leistung treiben zu können. Und ein Ironman bleibe ich für immer!
A propos geniessen: die Stimmung in und um Frankfurt ist nicht zu toppen. Wer es also zum ersten Mal wissen will, ist in Frankfurt richtig. Kein Ironman der Welt zieht mehr (frenetische) Zuschauer an und der Einlauf auf dem Römerberg ist gigantisch. Einziges Handicap: die Startplätze waren nach 4 Stunden vergeben, insofern wird´s in 2008 nicht so leicht sein.
4 Monate sind vergangen, heute schneit es in Berlin und ich schmiede Pläne, was ich denn in 2008 anstellen möchte. Ein Ironman wird´s (berufsbedingt) nicht werden, aber irgendetwas „Schräges“ stelle ich auf jeden Fall an. Und die Chancen stehen nicht schlecht, dass ich in ein paar Wochen mal wieder einen Trainingsplan aus Augsburg brauche.......