Ironman Florida 2015 - Judith Mittelmaier

...oder: "Der etwas andere Wettkampf!"
Judith Mittelmaier - 31 Jahre - Maschinenbauingenieurin
Gesamtzeit: 09:17:50 h
Schwimmen: -/- h - Radfahren: 05:26:29 h - Laufen: 03:48:39 h
Bericht:
Mit meinem Freund auf der Suche nach einem Reiseziel für den Jahresurlaub, habe ich im Juli spontan entschieden, dieses Jahr doch einen Wettkampf zu machen: den Ironman Florida am 1. November – wie kann man seinen Geburtstag sonst schöner verbringen, oder!?
Katja rüstet mich sogleich mit einem Trainingsplan aus: ab August sieht mein Alltag neben der Arbeit wieder anders aus.
Ohwei, was war da nur los? Irgendwie fühlt sich das Training nicht gut an ... manchmal geht es besser, dann wieder schlechter. Das Schwimmen geht (meinem Gefühl nach) überraschend gut, verglichen mit meiner Lieblingsdisziplin Radfahren. Wenigstens spielt das Wetter mit, die “nassen Tage” halten sich in Grenzen. Die Laufeinheiten starte ich direkt vom Arbeitsparkplatz aus, um den kürzer werdenden Tagen und dem fehlenden Tageslicht entgegenzukommen.
Schnell ist der 26. Oktober – unser Abflugtag nach Panama City Beach (PCB) – da. Ab in die Wärme ... denke ich. Bei unserer Ankunft in PCB ist das auch so, untertags angenehme 28 Grad und Wind, nachts immer noch 15 Grad. Perfekt!
Das Meer ist ein Traum: morgens um 7 treffen sich die Athleten am Meer und wir schwimmen alle fleißig in unseren Neoprenanzügen, trotz des warmen Wassers – 26 Grad – eigentlich ist da der Neopren nicht erlaubt ... aber bei allen bisherigen Ironmans hier in PCB wurde MIT Neo geschwommen. Im Moment schützt er uns zumindest vor den Quallenschwärmen, die uns jeden Morgen begegnen – brrrr – aber mit jedem weiteren Tag im Wasser gruselt es mir weniger.
Auch die erste Radausfahrt zur Besichtigung der Strecke verläuft, trotz kräftigem Wind, gut.
Die ersten 2 Tage vor Ort macht sich keiner Gedanken über das Wetter am Wettkampftag – wie soll es schon werden – schön, warm, wie man sich das eben in Florida vorstellt!! Irgendwie hab ich mir trotzdem eine ordentliche Erkältung eingefangen – aber 3 Tage sind ja noch …
Am Mittwoch werfe ich (hauptsächlich an die Windstärke denkend) trotzdem mal einen Blick auf die Wetterprognose für Samstag – da steht da etwas total Verrücktes: Wir sollen Sturm bekommen, 20mph (~32kmh), nachts 8 Grad und untertags 20 Grad. Da ich sehr verfroren bin, begeistern mich diese prognostizierten Bedingungen überhaupt nicht. Mittwochabends wird uns dann noch gesagt dass wir eventuell donnerstagmorgens nicht zum Schwimmen ins Wasser können: es waren Unterwasserströmungen und hohe Wellen angekündigt. Donnerstag Früh ist dann zwar die gelbe Flagge gehisst und das Wasser ist auch unruhig, aber wir dürfen rein. Kälter ist es auch schon geworden.
Nochmal ein Blick in den Wetterbericht ... statt der erhofften Besserung steht da jetzt: morgens 4 Grad, untertags maximal 15 Grad und Wind, 25mph (~40kmh). Hmmm...
Freitagmittags beim Einchecken des Rades und der Wechselbeutel ist es noch angenehm warm – wie soll das gehen!?
Bei der Wettkampfbesprechung wird auch noch verkündet, dass unter Umständen ohne Neoprenanzug geschwommen werden muss, weil das Wasser zu warm sei. Und dann nass bei 4 Grad aufs Rad!? Jetzt flattert einigen der Magen. Radüberschuhe und ähnliches Equipment sind bereits auf den Messeständen ausverkauft.
Die Entscheidung, ob der Neoprenanzug erlaubt wird oder nicht, soll in der Früh vor dem Start verkündet. Ich packe meine Beutel, für alle möglichen Fälle, egal wie entschieden werden sollte. Außerdem geht es in den Walmart: eine dicke Fleece-Flauschjacke und dicke Flausch-Hausschuhe sind die Ausbeute (sehe aus wie ein Plüschtier) – um am Schwimmstart möglichst nicht auszukühlen ... und dann probiere ich ca. 30 verschiedene Putz-, Arbeits-, Radhandschuhe, etc. … für die Golfhandschuhe entscheide ich mich schließlich, mit denen ich hoffentlich die Riegel auf dem Rad packen und aufmachen kann ... und hoffentlich flutschen damit die Trinkflaschen nicht aus der Hand.
Am nächsten Morgen, dem 1. November klingelt der Wecker um 4:15 – ich bin ausgeschlafen (oder ist es die Aufregung??).
Als erstes gehe ich auf den Balkon und vergewissere mich dass die 4 Grad stimmen – und kann es bestätigen?. Ich fülle die Flaschen, die später ans Rad kommen und frühstücke etwas. Mein Freund steht vor mir und gratuliert mir zum Geburtstag – den hatte ich ja ganz vergessen (und nur wegen diesem Stress mit dem Wetter!!). Dann packe ich spontan noch Pappkarton und Plastiktüten ein – mein “Kälteschutz” für die Füße – das muss reichen ...
Constantin begleitet mich bis zum Radpark und zu den Wechselzonen – Bodymarking – die Startnummer 852 wird auf beide Oberarme gepinselt, das Alter kommt auf die Wade – “31” mit einem netten “Happy Birthday” der 3 Bodymarker! Alle lachen über die Flausch-Fleece-Hausschuhe ... egal.
Nachdem ich das Rad mit Flaschen und Riegeln bestückt habe, kontrolliere ich noch die beiden Wechselbeutel und “präpariere” die Radschuhe mit Karton und Plastiktüten.
Anschließend suche ich ein “warmes” Plätzchen zum Neopren anziehen, denn wir dürfen “MIT” starten.
Gesprächsthema überall ist das Wetter – der Wind bläst kräftig und die 4 Grad haben sich bewahrheitet.
Um 6:30, eine halbe Stunde vor dem Start müssen alle Starter an den Schwimmstart. Ich sehe wie einige Helfer mit Bodyboards ins Wasser wollen und mitsamt dem Brett von den Wellen zurückgeworfen werden.
Einige Starter wollen sich im Wasser einschwimmen – sie kommen kaum ins Wasser rein, aber nicht mehr alleine raus.
Die Schwimmstrecke von 3,8 km besteht hier aus 2 Runden mit einem kurzen Landgang – d.h. 2mal rein und 2 mal raus – hmm ...

Um 6:45 – 5 Minuten vor dem Start der Profis wird durchgesagt dass wegen hohen Wellen und starker Unterströmung nicht geschwommen wird.
Was ist jetzt besser!? Die Enttäuschung dass das diesmal kein “richtiger” Ironman ist? Die Erleichterung, weil ich vor den Schlägen beim Schwimmen eh immer Panik habe? Oder doch die Enttäuschung, weil das Wasser doch so schön warm gewesen wäre und das Schwimmen im Meer so viel Spaß macht? Oder doch wieder die Erleichterung, weil der Wechsel aufs Rad, mit nassen Klamotten und Haaren bei 4 Grad sicher kein Spaß wird?
Ich weiß es nicht, ich nehme es einfach wie es ist. Wie alle anderen Athleten mache ich mich auch auf den Weg zurück in den Wechselpark zu meinem Beutel mit dem Radequipment – hier herrscht Chaos, 2700 Leute wollen gleichzeitig zu ihrem Beutel und dann in die Wechselzelte – hier wird es noch schlimmer, da die Zuschauer sich im warmen Wechselbereich aufhalten, bis die Athleten starten sollten. Ich wühle mich durch die Menschenmassen, keine Ahnung, wann ich auf mein Rad muss. Muss ich mich beeilen? Oder wird das jetzt eine lange Warteprobe?
Endlich im Wechselzelt der Frauen angekommen, kann mir hierzu eine Helferin Auskunft geben: es wir der Startnummer nach in 5sec-Abständen gestartet. Meine Startnummer ist 982, dh. ich komme zu Anfang des zweiten Drittels dran. Start für die Raddisziplin für die Profis ist um 8 Uhr – Gut, dann habe ich jetzt doch Zeit mich warm anzuziehen – alles was im Beutel ist: Ärmlinge, ein langes Unterhemd, die ärmellose Windjacke – die langärmlige Jacke scheint mir doch zu warm (vielleicht war es die Aufregung). Jetzt warten...
Als ich dann raus zu meinem Rad gehe, überrascht mich die tatsächliche Kälte dann doch, Gänsehaut an den blanken Oberschenkeln und 10 Minuten später am ganzen Körper. Ok, ich hole mir die andere Jacke auch noch, wenn sie mich nochmal reinlassen ... und das darf ich sogar.

Bis zu meinem Radstart ist aber immer noch eine halbe Stunde im 4 Grad kalten Wind zu stehen.
Ein paar Minuten vor 9 darf ich endlich starten. Kräftiger Wind bläst mir entgegen. Mit 30kmh plage ich mich gegen den Wind – vielleicht wird es in Richtung dem Landesinneren besser ... ich kann es nicht mehr sagen, der Wind kommt mal von vorne links, mal von der Seite, mal von vorne rechts.
Der Rundkurs von 180 km ist eintönig, Straße, Bäume, wenig Zuschauer, da diese nur schlecht mit dem Auto auf die Strecke kommen, weil alles gesperrt ist. Auf dem Rückweg zu Küste, es sind noch ca 30km zu fahren, komme ich in den Genuss von etwas Rückenwind und ich versuche nochmal etwas Zeit gutzumachen. Angekommen an der Küste bläst der Wind auf den letzten 10km aber schon wieder heftig von der Seite. So kalt wars jetzt gar nicht, denke ich – aber geschwitzt hab ich auch nicht!! Und getrunken – vielleicht 1 Liter.

Runter vom Rad, ich renne in den Bereich der Wechselbeutel fürs Laufen und rufe den Helfern meine Startnummer zu – sofort bekomme ich meinen Beutel zugeworfen. Ich renne weiter in das Wechselzelt – überlegend, was ich jetzt anziehe – Langarm-Shirt! Handschuhe? Windweste?
Beim Langarmshirt bleibt es dann, rein in die Laufschuhe – Sonnenkappe (eine Mütze hatte ich nicht) auf und raus auf die Strecke! (Wenn ich mal 84 bin und mehr Erfahrung habe, lasse ich wie Sister Madonna Buder meine Badekappe auf!)
Wow – das fühlt sich gut an … aber kenn ich ja, nach 6km ist dieses Gefühl dann ganz schnell wieder verschwunden. Nein, diesmal nicht, 8km, 10km, gleich kommt der erste Wendepunkt auf dem 2-Runden-Kurs! Ab jetzt Gegenwind – sogar beim Laufen lässt er einen nicht in Ruhe …Trotzdem kommt auch auf dem Rückweg der ersten Runde kein Einbruch, 21,5 km in 1:44 – wenn das so weiterläuft!? Auf dem zweiten Teil wird’s nun doch ein bisschen zäher, die Hüfte zwickt ein bisschen und die eine und andere Cola schmeckt jetzt „gehend“ schon besser ;-) Leider sind auch ein paar Dixi-Besuche nötig, aber wem geht das nicht mal so…

Somit wird die Laufzeit doch einiges länger wie erwartet, aber nach einer Gesamtzeit von 9:17, als Dritte meiner Altersklasse, komme ich ins Ziel, trotzdem dem späten Start gerade noch in der Dämmerung bevor es dunkel wird.
Später, im Hotel, werde ich überrascht: mit den typisch amerikanischen „Cheese-Maccaroni“ (die ich mir schon seit Tagen eingebildet hatte) und einer dicken Schokoladentorte“ – der eindeutig gemütlichste Moment dieses Tages …
Was für ein verrückter Tag!!!
Liebe Katja,
ein herzliches Dankeschön an Dich für die tolle Vorbereitung!!! Zu Beginn des Trainings habe ich wirklich Zweifel gehabt, den Wettkampf überhaupt durchzuziehen, aber ich hab auf Deine Vorbereitung vertraut und es hat – wie alle Male davor – wieder funktioniert!