Ironman Cozumel 2013 - Klaus Liedke

Dann eben Vollgas!
Klaus Liedke - 44 Jahre - Ingenieur
Gesamtzeit: 09:04 h
Schwimmen: 00:36 h - Radfahren: 05:02 h - Laufen: 03:22 h
Bericht:
Irgendwie fühlte sich mein letzter (bis anhin auch einziger) Hawaii-Start aus 2010 schon so weit zurück an, dass nichts weniger als eine Qualifikation als Vorgabe für Cozumel an Katja weiter gegeben wurde. Katja’s Antwort folgte prompt: „Heilig’s Blechle!“…
Damit war alles zwischen uns geklärt.
So wurde dann die radfahrunfreundliche Zeit (Okt/Nov) mit viel Rollen und Rollen-Laufband Koppeltraining verbracht. Unser Keller glich Zeitweise einer Dampfsauna, nur ohne Tannengeruch. 1 Woche vor der Abreise und nach der letzten 6 Stunden Rolleneinheit war ich fit wie ein Turnschuh und heiss wie Frittenfett. Katja’s letzte Worte waren: Nun nur nicht krank werden und hoffen, dass alles heil in Mexiko ankommt.
Während ich mich in den letzten 10 Monaten immer schön an die Vorgaben des Trainingsplans gehalten hatte, ignorierte AirBerlin direkt die Erste und Einzige: Alles nach Mexiko transportieren. Glück im Unglück war, dass Velo mit Lauf- und Veloschuhen unversehrt ankamen. Doch meine Tasche mit allen anderen Klamotten wie Badehose, Kontaktlinsen, Rad/Lauf Sachen sowie der wichtigen Wettkampfverpflegung und Vorwettkampfverpflegung mit Saltix (Salzpuffer für Hitzerennen) war nicht angekommen. Am ersten Tag war das ja noch einigermassen lustig, doch wenn man nach 3 Tagen von Airberlin nur „wir bedauern es sehr, haben aber keine Ahnung, wo es ist und wann es kommt“ als Antwort erhält, war man schon ein klein wenig irritiert. Unter Ruhe und Entspannung verstand ich etwas anderes. Zum Glück tauchte der Koffer dann 3 Tage vor dem Rennen auf und ich hatte zumindest meine Wettkampfbekleidung und Ernährung vor Ort. Das war auch bitter notwendig, denn die Badehose welche ich von Ken Glah (The-Beast-from-the-East) während der taschenlosen Zeit geliehen bekommen hatte, zeigte aufgrund meiner à la Faris-Stil-Trainingseinheiten langsam Auflösungserscheinung. Ich erntete auch so einige „armer-Spinner-Blicke“ auf den Trainingsausfahrten und -läufen. Nebenbei wurde ich am Abend als „The Corona-Man“ verspottet, da die 3 Corona-Shirts aus dem Souvenirladen meine einzige Oberbekleidung darstellten.
Zum Glück hatte das Hotel WLAN und ich nutzte die lange Wartezeit auf meinen Koffer sinvollerweise damit, ein paar meiner 400 Konkurrenten zu googeln. Zumindestens die Deutschen, Österreicher und Schweizer. Von diesen ca. 13 Athleten in meiner AK fand ich 3 mit Ergebnissen, davon 2 ex Profis mit sub 8:30er Zeiten und einen, der sich mit 9.0x rühmte. Bei prognostizierten 4-5 Slots und 398 nicht ergoogelten Teilnehmern wurde es eine Mission Fragezeichen.
Als dann noch 4 Tage vor dem Start ein Unwetter hineinzog, welches die Cozumel’sche Badewanne in ein ordentliches Meer mit Wellen umwandelte und ein eventuelles Streichen der Schwimmstrecke die Gerüchterunde machte, war ich nicht wirklich erbaut. Für mich als guten Schwimmer mehr als ungünstig.
Ende des Liedes war, dass die WTC am Samstag entschied, die 3.8km Strecke (½ mit, ½ gegen die Strömung Schwimmen) in ein 3.1km Point-to-Point und alles-mit-der Strömung-Schwimmen umzuwandeln. Das alles wurde als Sicherheitsmaßnahme verkauft. In Wahrheit waren es aber rein kommerzielle Gründe. Bei 2800 Startern (eh viel zu viele) wäre so die Wahrscheinlichkeit, dass noch ein paar mehr Athleten als im letzten Jahr (da waren es ca. 160) den Schwimm-Cut-Off von 2:20 nicht geschafft hätten, hoch gewesen. Rein sportlich gesehen schade, aber ändern liess es sich eh nicht und schliesslich bin ja auch ich dem Ironman Kommerz verfallen?

Durch die Umlegung des Schwimmstarts war es super chaotisch. Die Startbucht war viel zu eng und schon vor dem Start wurden wir durch die Strömung in Richtung Ziel getrieben. Ich hatte noch nie solch eine heftige Schlägerei beim Schwimmen. Als ich dann nach 200/300m freigeschwommen war, waren die 3 Topschwimmer leider weg und ich hing als 4ter alleine im Niemandsland. 3 vor mir und 2796 hinter mir. Leider konnte ich den Abstand auf die vorderen nicht verkürzen, aber nach hinten weiter vergrössern. Wunderlich war nur, dass kurz vor dem Schwimmausstieg plötzlich 2 Schwimmer neben mir aus dem nichts auftauchten, wo die nur hergekommen waren?
Nach 36 Minuten als Vierter mit 1:40 Rückstand ging es mit einem Blitzwechsel aufs Rad. Meine beiden Phantommitschwimmer hatte ich irgendwo im Wechselzelt zurückgelassen und auch im Laufe der nächsten 8:30 nicht mehr bewusst wahrgenommen.
Das Radfahren stellte sich als unerwartet kraft- und nervenraubend dar. Nach 40 Kilometern des allein-gegen-den-Wind-Fahrens wurde ich von einem ca. 40 Mann starken Pulk überrollt. Immer, wenn ich mich in den Rückenwindpassagen ein wenig von dieser Meute absetzen konnte, wurde ich in der Gegenwindpassage wieder eingesammelt. So ging das Ganze vor und zurück, bis die 180 leidigen Kilometer überstanden waren.

Als 14. in der Alterklasse und mit viel Frust im Bauch ging ich auf die Laufstrecke. Ich wusste, dass ich ca. 4 Minuten Rückstand auf den 5. Platzierten hatte, was die sichere Hawaii-Qualifikation bedeutet hätte. Meine vor dem Rennen geplante Angangszeit war 4:40 min/km, Katja traute mir jedoch eine 4:30 zu.
Bei der Lage der Dinge gab es wohl keine andere Option als eben genau diese 4:30. No Risk, no fun! Direkt nach 1km fiel mir meine Spezialverpflegung aus der Hand und ich musste mich mental damit anfreunden, deutlich früher als gedacht auf Cola umzustellen. Ab 14km war es dann soweit: Cola, Cola und noch mehr Cola. Im Endeffekt hat es mir aber nicht geschadet, denn obwohl ich während des Laufens überhaupt keinen Schimmer hatte, ob ich mich weiter vorgearbeitet hatte, merkte ich, dass es gut lief. Am Ende war ich von Rang 14 auf 5 vorgelaufen und hatte den Marathon mit der 6. besten Zeit in meiner AK absolviert. Das war nebenbei nur 3 Minuten über meiner „NUR-Marathon“ Zeit. Wow! Und dass, wo Laufen bisher immer meine Wackeldisziplin gewesen war.
Die Belohnung: Mein zweiter Hawaii-Start ist im Sack.
Gut gecoacht, Frau Mayer!