Half-Ironman Rapperswill 2012 - Sibylle Grimm

Sybille Grimm - 34 Jahre - Wirtschaftsinformatikerin
Gesamtzeit: 05:19:23 h
Schwimmen: 00:36:27 h - Radfahren: 02:53:22 h - Laufen: 01:44:22 h

Bericht:

Nachdem ich mich definitiv dazu entschlossen hatte, meine erste Halbdistanz in Angriff zu nehmen war auch sogleich klar, dass ich dazu gerne Katjas Hilfe in Form von Trainingsplänen in Anspruch nehmen möchte. Zu gross war der Respekt vor dieser Distanz, hatte ich bis dahin doch ‚nur‘ olympische Wettkämpfe bestritten. Zudem eilt Katja bei uns hier im Club ja ein sehr guter Ruf voraus, so dass für mich von Anfang an klar war: entweder Rappi mit Katja oder gar kein Rappi. Zum Glück hatte sie noch Platz für mich, so dass es dann im November 2011 mit den ersten Plänen losgehen konnte.

Ganz gespannt wartete ich auf meine ersten Pläne, da ich bis jetzt noch nie strukturiert bzw. nach Plan trainiert hatte. Ich fand den Einstieg in die Programme und den Trainingsrhythmus relativ schnell und mein Körper gewöhnte sich auch bald an die Trainings und Umfänge.

Eine weihnachtliche Trainingswoche auf Lanzarote mit schönem Wetter, sehr abwechslungsreichen Radtrainings und netten Begleitern gab mir dann Kraft und Motivation, die teilweise vereisten, verregneten und leider auch kalten samstäglichen Longjogs trotz aller Widrigkeiten nach Plan zu absolvieren. Natürlich fiel mir das nicht immer leicht, so erinnere ich mich immer noch sehr gut an ein Training, bei dem es so kalt war, dass mir einerseits meine Haare einfroren und ich andererseits am Schluss trotz Handschuhen so kalte Hände hatte, dass ich die Haustür fast nicht mehr aufschliessen konnte!

Im Frühling durfte ich dann gleich nochmals eine Woche nach Lanzarote zum Rennradfahren. Ich war erstaunt, wie gut mein Körper die Trainings wegsteckte, auch wenn doch meistens einige Höhenmeter auf dem Plan standen oder einmal sogar einen 21km Lauf mit anschliessender Rennradausfahrt. Bis anhin war ich in der Hälfte des Trainingsweekends meistens erschöpft und hatte Muskelkater – diesmal war das Gegenteil der Fall: ich fühlte mich topfit, gut Erholt und freute mich jeweils schon wieder auf die nächste Einheit.

Bald war Ende Mai und THE DAY rückte näher und näher. Schon gingen die Wetterdiskussionen los: ist der See warm genug für die volle Distanz? Wird die Schwimmstrecke evt. gekürzt? Gar kein Schwimmen? Zudem stand ich in der Woche vor dem Wettkampf vor der Qual der Wahl: die tollen geliehenen Zipp-Laufräder fahren trotz Regen oder auf Sicherheit setzen und mit meinen normalen Rädern auf die Strecke gehen? Was wenn ich einen Platten habe? Kann ich den Schlauchreifen wirklich wechseln (nur einmal geübt) oder zwingt mich das dann zur Aufgabe? Der Entscheid fiel dann am Freitagabend auf ‚volles Risiko‘ und somit auf die Zipps (Danke Markus!).

Beim Einchecken am Samstag und dem Athletenbriefing kam dann endlich auch ein wenig Wettkampfstimmung auf. Die war bis zu dem Zeitpunkt weit weg und ich fühlte mich mental nicht wirklich bereit, musste ich mich doch in meiner Freizeit nebst dem Training mit zu vielen anderen Sachen rumschlagen. Aber so langsam kam auch die Freude auf, ein Teil dieses tollen Wettkampfes in Rapperswil zu sein. Zudem hatte ich die Gewissheit körperlich bereit zu sein, da ich fast alle Trainingsvorgaben der letzten 7 Monaten eingehalten hatte und ich wusste, dass auf Katja Verlass ist.

Dann war THE DAY dann auch schon da. Ich fand mich bereits um 7 Uhr in der Wechselzone ein um genügend Zeit zu haben alles nochmals im Kopf durchzugehen und v.a. die Wechselzone in Ruhe einzurichten. Die dunklen Wolken am Himmel versuchte ich zu ignorieren – der Wetterbericht hatte einen trockenen Tag gemeldet & ich hatte ja mit der Räderwahl auch voll darauf gesetzt. Leider haben die Wetterfrösche nicht immer recht: gegen 8 setzte der Regen ein und wir flüchteten alle unter ein Zelt der Securitas um nicht schon ganz nass zu werden. Es kam so heftig, dass sogar die Sturmwarnung auf dem See blinkte und man vom Ufer aus die Bojen der Schwimmstrecke nicht mehr sehen konnte. Meine Stimmung sank dementsprechend. Doch zum Glück war der Spuk nach 30min vorbei und alle krochen wieder aus den Verstecken hervor (einige hatten sogar das Radcover als Unterschlupf gewählt =)) und die Profis begannen sich in ihre Neos zu packen. So blieb mir nichts anderes übrig als mich auch langsam für den Start vorzubereiten.

Kaum im Neo, war es auch bereits Zeit in den See zu springen und einzuschwimmen. Durch den Regen hatte ich gar keine Zeit mehr, nervös zu werden – auch gut! Die Profis wurden dann auch schon ins Rennen geschickt und wir Frauen durften dann 5min danach auch bereits loslegen und uns ins Gewühl stürzen.

Am Anfang wurde ich beim Schwimmen etwas gebremst, da es vor mir eine Mauer aus Neos und Füssen gab, an denen ich nicht vorbei kam. Aber mit der Zeit hatte ich dann mein Plätzchen gefunden und auch ein paar Füsse, denen ich folgen konnte. Der Weg zurück von der Wendeboje bis zum Schwimmausstieg kam mir unendlich lang vor, aber mein Gefühl hat mich zum Glück getäuscht. Viel früher als erwartet kam ich im Hafenbecken an und wurde von den Helfern aus dem Wasser gezogen – die Freude am Wettkampf stieg an, auch weil nun die ‚schwierigste‘ Disziplin vorbei und heil überstanden war. Zudem warteten beim Ausstieg die ersten Clubkollegen auf mich, welche mich lauthals anfeuerte – Trigethers überall!

Ab ging es in die Wechselzone und ausnahmsweise kam ich so gut aus dem Neopren raus & in die Radschuhe etc. rein wie in keinem meiner Vorbereitungswettkämpfe!

Half-Ironman Rapperswill 2012 - Sybille Grimm auf der Radstrecke

Es lief alles wie am Schnürchen und der Regen war auch weg – toll! Auf dem Weg aus der Wechselzone feuerten uns dann die anderen, noch nicht gestarteten Athleten an und schon durfte ich auf s Rad steigen und losstrampeln. Der Anfang der Radstrecke ist sehr flach und führt dem Zürichsee entlang, so dass man genug Zeit hat, einen Rhythmus zu finden. Leider hatte ich beim Montieren der Zippräder den Bremsen zu wenig Beachtung geschenkt und nun schleifte eine der Vorderbremsen am Rad. Anhalten und beheben oder ignorieren oder im Fahren zu lösen versuchen? Das waren aus meiner Sicht die drei Optionen, die sich mir boten.

Schliesslich gelang es mir bei einer kleinen Steigung während der Fahrt das Problem zu beheben, so dass es danach ohne unnötige Behinderungen weitergehen konnte. Schon wartete der erste Anstieg auf mich – jetzt nur nicht zu viel wollen und zu stark verausgaben. Auf der nächsten Geraden konnte ich dann sogar eine Clubkollegin überholen und wir feuerten uns gegenseitig nochmals an. Weiter ging es die nächsten Steigungen hoch nach Goldingen, bevor dann eine tolle und schnelle Abfahrt auf uns wartete. Da ich nicht die beste und Abfahrerin bin wurde ich da von einigen Athleten überholt. Aber das war mir im Voraus bewusst und ich liess mich davon nicht beirren. Schon war ich auf dem Weg  zurück zur Wechselzone und somit zum Wendepunkt. Bereits kamen mir da die ersten Athleten der nach uns gestarteten AKs entgegen, auf der zweiten Runde der Strecke würde es also voller werden. Kaum gewendet stand eine ganze Gruppe Trigethers am Strassenrand die mich mit Plakaten bewaffnet lautstark anfeuerten. Zudem war ich erst 1h 27 unterwegs – erneut schneller als erwartet und auch mit der Ernährung durch das Gebräu aus Maltodextrin, Salz und Sirup kam ich super zurecht - stimmte einfach alles. Topmotiviert ging es somit auf die zweite Runde und die Steigungen fühlten sich immer noch gut an – viel weniger schlimm als ich mir das auf der zweiten Runde vorgestellt hatte. So erstaunt es nicht, dass ich den zweiten Split sogar noch etwas schneller fahren konnte als den ersten.

Half-Ironman Rapperswill 2012 - Sybille Grimm auf der Laufstrecke

Eingangs Wechselzone standen dann noch meine Eltern – die waren genauso überrascht wie ich, dass ich schon vom Radfahren zurück bin und ich nun ‚nur‘ noch nach Hause laufen musste. Da laufen meine Paradedisziplin ist und ich sehr gut unterwegs war wusste ich, dass nun eigentlich fast nichts mehr schief gehen konnte. Na dann, ab in die Laufschuhe und los! Kaum auf der Strecke wartete dann schon wieder eine gute Freundin auf mich, um mich anzufeuern. Nach ein paar km dann eine weitere Überraschung: eine ganze Gruppe Teamkollegen standen da und jubelten, schrien, feuerten an und hielten Plakate in die Höhe – es lief mir kalt den Rücken runter! In der Innenstadt stand ich dann vor den berühmten ‚Stairways to heaven‘, vor mir eine Athletin die mit einem Krampf kämpfte. Ich fragte sie noch kurz, ob alles ok sein und schon war ich oben und durfte wieder runter rennen und mein erstes Rundenband abholen. Dann beim Verpflegungsposten wieder ein Gel – zum Glück haben sie sogar meine Lieblingssorte!

Auf der zweiten Runde wurde ich erneut von allen angefeuert und es lief und lief und lief einfach wie geschmiert! Zudem machte es mir sooo viel Spass – einfach toll! Nochmals die ‚Stairways to heaven‘ hoch und dann zum letzten Verpflegungsposten: ich entschied mich für Cola statt Gel – es waren ja nur noch 2km bis ins Ziel.

Auf der Laufstrecke kreuzte ich mich immer wieder mit anderen bekannten Gesichtern aus dem Club und wir feuerten uns immer wieder gegenseitig an. Ein Blick auf die Uhr zeigte mir dann, dass sogar für meine Verhältnisse sehr gut im Rennen war. Eine Zeit um 5.20 lag drin! Am Freitag vor dem Wettkampf schätze eine Kollegin meine Gesamtzeit auf 5.21 – mir erschien das sehr utopisch und auf keinen Fall erreichbar. Sollte das nun tatsächlich möglich sein?

Schon war ich im Zielkanal und es lief mir erneut kalt den Rücken herunter: so viele Leute die alle Athleten anfeuerten und das Ziel so nah! Zudem strecke mir eine Freundin auch noch eine Rose für den Zieleinlauf entgegen – eine super Überraschung! Mit einem letzten Endspurt ging es dann über die Ziellinie und ich fühlte mich immer noch sehr gut. Der Blick auf die Zeitmessung: 5:19:23!!!! Sogar die utopischste Zeit hatte ich unterboten (und habe dadurch ‚leider‘ eine Wette um ein Abendessen verloren….)! Ich konnte es kaum fassen und schnell stand fest: das war zwar mein erster, aber sicher nicht mein letzer 70.3 Wettkampf!

Es motiviert natürlich ungemein, wenn man einen Wettkampf so erleben darf und alles perfekt läuft – es macht Lust auf mehr und zeigt, dass sich das Training definitiv gelohnt hat!
Katja, ich komme wieder….:o))

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